Ungewöhnliche Interviewfragen – zwischen Kreativität und Hype
Warum gerade Naturwissenschaftler dafür geeignet sind
Naturwissenschaftler sind es gewohnt, mit Unsicherheit umzugehen. Sie arbeiten mit Hypothesen, experimentieren, verwerfen und denken in Alternativen. Genau diese Haltung ist es, die in Bewerbungsgesprächen gefragt ist, wenn Recruiter bewusst ungewöhnliche oder scheinbar „unmögliche“ Fragen stellen. Wo andere nach der einen richtigen Lösung suchen, sind Naturwissenschaftler geübt darin, systematisch und gleichzeitig flexibel neue Perspektiven einzunehmen.
Ein Beispiel: Die Frage mit der Bushaltestelle
Ein klassisches Beispiel für eine solche Frage lautet:
„Sie fahren mit dem Auto durch eine stürmische Nacht. An einer Bushaltestelle warten drei Menschen: eine alte Dame, die kurz vor dem Tod steht, ein Freund, der Ihnen einmal das Leben gerettet hat, und die Person Ihrer Träume. Wen nehmen Sie mit, wenn nur ein Platz frei ist?“
Die meisten Bewerber entscheiden sich für eine der drei Optionen – und verlieren damit. Die clevere Antwort, die nur ein Bewerber in 200 fand, lautet: „Ich gebe meinem Freund die Autoschlüssel, damit er die alte Dame ins Krankenhaus fährt, und warte mit meiner Traumfrau auf den Bus.“
Die Lösung zeigt: Entscheidend ist nicht die Antwort selbst, sondern die Fähigkeit, das Offensichtliche zu verlassen und neu zu kombinieren. Genau darum geht es bei dieser Art von Fragen.
Von Musk bis Konzern: Warum die Technik populär wurde
Ein bekanntes Beispiel, das auch von Elon Musk populär gemacht wurde, ist eine Interviewfrage, die auf den ersten Blick absurd erscheint. Bewerber sollen etwa überlegen, wie man eine ganze Stadt mit Fenstern effizient putzen könnte oder wie viele Golfbälle in ein Flugzeug passen. Die Aufgabe ist nicht lösbar im mathematisch exakten Sinn – aber sie offenbart Denkweise, Strukturierung, Kreativität und Mut, auch Unsicherheiten zu benennen.
Weitere Anwendungen im Recruiting
Diese Technik lässt sich weit über die Tech-Welt hinaus nutzen. Projektmanager werden so auf Stressfestigkeit getestet, Ingenieure auf Problemlösungsstrategien, Marketing-Kandidaten auf Kreativität. Auch in klassischen Branchen können solche Fragen den Blick öffnen:
„Was ist das Verrückteste, das Sie je gemacht haben?“ – testet Mut und Authentizität.
„Wie würden Sie ein Problem lösen, das auf den ersten Blick gar nicht lösbar ist?“ – prüft Resilienz.
„Was würden Sie mit 60.000 € Startkapital gründen?“ – zeigt Innovationskraft.
Die Antworten verraten weniger ein „richtig“ oder „falsch“ – sondern Denkstrukturen, Haltung und Kommunikationsstil.
Zwischen Erkenntnis und Hype
Trotzdem: Man darf nicht vergessen, dass solche Fragen auch ein Trend sind. Viele Bewerber bereiten sich mittlerweile darauf vor, und der Überraschungseffekt schwindet. Zudem bleibt offen, ob kreative Antworten wirklich Rückschlüsse auf die spätere Arbeitsleistung zulassen.
Fazit: Der Wunsch nach mehr
Ob Modeerscheinung oder Mehrwert – ungewöhnliche Interviewfragen spiegeln ein tieferes Bedürfnis wider: mehr über den Menschen zu erfahren als im CV steht, mehr als in KI-generierten Zeugnissen nachzulesen ist und mehr als das klassische Gespräch hergibt. Letztlich geht es darum, Vertrauen aufzubauen – zu jenem Mitarbeiter, der nicht nur fachlich passt, sondern auch menschlich überzeugt.